Wir verbringen durchschnittlich etwa 30 Prozent unseres Lebens im Schlaf. Bei einem Lebensalter von 60 Jahren entspräche dies beachtlichen 20 Jahren. Dabei dient unser Schlaf nicht nur unserer geistigen und körperlichen Erholung, vielmehr finden während des Schlafens auch Lernprozesse statt, wichtige Informationen werden gestärkt, unwichtige abgebaut und diverse Hormone ausgeschüttet. Neben diesen körperlichen Auswirkungen beeinflusst unser Schlaf jedoch auch psychologische Faktoren und hat unter anderem einen Einfluss auf unser psychisches Wohlbefinden und unsere Leistungsfähigkeit. Aufgrund dieser Relevanz der Thematik finden Sie im Folgenden genauere Informationen zu Schlaf und Schlafstörungen.

Wie viele Stunden Schlaf brauche ich?

Verschiedene Faktoren beeinflussen, wie viele Stunden Schlaf der Mensch benötigt. Z.B. haben unter anderem das Alter, das Geschlecht, die Genetik und sogar Jahreszeiten und Wetterbedingungen einen Einfluss auf unsere Schlafdauer sowie unser Schlafbedürfnis. Für einen Großteil der Menschen gilt, dass diese mit sechs bis acht Stunden Schlaf gut auskommen, wobei die meisten sieben bis acht Stunden für ihr Wohlbefinden benötigen. Jedoch ist das Schlafbedürfnis individuell und damit unterschiedlich stark ausgeprägt. Während sogenannte „Kurzschläfer“ nur vier bis fünf Stunden Schlaf benötigen, brauchen sogenannte „Langschläfer“ dagegen acht bis neun Stunden, um sich ausgeruht zu fühlen. In Studien wurde 7,5 Stunden als erstrebenswert für eine zufriedenstellende geistige und körperliche Leistungsfähigkeit benannt.

Schlafdauer

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Wie ist mein Schlaf aufgebaut?

Sie haben bestimmt schon öfter die Erfahrung gemacht, dass Sie während des Einschlafens zuerst von dem Wachzustand in einen sehr leichten Schlaf („Dösen“) (Schlafstadium N1) fallen. Nach fünf bis zehn Minuten im Schlafstadium N1 wird der Schlaf zunehmend tiefer und es erfolgt ein Übergang in einen leichten Schlaf (Schlafstadium N2), woraufhin anschließend das Tiefschlafstadium (N3) folgt. Spannend ist an dieser Stelle zu erwähnen, dass wir nur circa 20% unseres Schlafes im Tiefschlaf verbringen und dieser vor allem im ersten Nachtdrittel auftritt.

Im Anschluss an diese drei Schlafphasen folgt nach circa 90 Minuten die erste Traumphase, welche auch als REM-Schlaf bezeichnet wird. REM steht in diesem Zusammenhang für „Rapid Eye Movement“ (zu Deutsch: Rasche Augenbewegungen) und bezieht sich auf die typischerweise in diesem Stadium feststellbaren schnellen Bewegungen der geschlossenen Augen, während der sonstige Körper keine Bewegungen ausführt. Dieser Zustand hat den Hintergrund, dass in dieser Schlafphase sehr viel und teilweise auch sehr lebhaft geträumt und damit Erlebnisse bearbeitet wird. Häufig kann man in den Träumen nicht zwischen Traum und Realität unterscheiden. Die weitgehende Lähmung der Körpermuskulatur verhindert dabei, dass der Mensch das Geträumte nachts nicht in die Tat umsetzt und sich dabei möglicherweise in Gefahr begibt oder verletzt.

Insgesamt hat ein solcher Zyklus aus den genannten Schlafphasen (N1, N2, N3, REM-Schlaf) eine Dauer von circa 90-120 Minuten und wiederholt sich fünf- bis sechsmal pro Nacht. Allerdings verschiebt sich der Anteil der Schlafphasen im Laufe der Nacht, wobei die Dauer des Tiefschlafs deutlich abnimmt und bei Erwachsenen bereits ab dem dritten Schlafzyklus verschwindet. Wichtig ist, dass ein Wechsel des Schlafstadiums dazu führen kann, dass wir kurz aufwachen. Doch nicht nur das – auch innerhalb einer Schlafphase kommt es regelmäßig zu kurzen Wachphasen. Diese sind jedoch keine Anzeichen für einen gestörten Schlaf, sondern normale schlafphysiologische Vorgänge und werden von den meisten Schläfern nicht bewusst wahrgenommen.

Schlafphasen

Schlafphasen mit Anteil am Gesamtschlaf
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Stimmen die Annahmen, die man im Alltag über das Thema Schlaf hört?

Es kursieren vielerorts Annahmen und Überzeugungen zum Thema Schlaf, welche an dieser Stelle genauer beleuchtet werden sollen.

  1. „Die ganze Nacht sollte im besten Fall aus Tiefschlaf bestehen.“

    Falsch: Tatsächlich macht der Tiefschlaf nur circa 20% unseres Schlafes aus und findet nur in der ersten Hälfte bzw. vor allem im ersten Drittel der Nacht statt. Die anderen Phasen sind für einen gesunden Schlaf genau so wichtig.

  2. „Schlafunterbrechungen zeugen von einem schlechten Schlaf.“

    Falsch: Aufgrund der Art und Weise, wie unser Schlaf aufgebaut ist, ist mehrmaliges nächtliches Aufwachen sogar normal. Insbesondere bei einem Wechsel der Schlafphase wachen wir häufig kurz auf, aber auch während eines Schlafstadiums kommt es zu kurzen Wachphasen. Ob diese jedoch bewusst wahrgenommen werden hängt häufig davon ab, wie der Schläfer seinen Schlaf beurteilt. Gerade bei Menschen mit Schlafproblemen hat sich gezeigt, dass diese kurzes nächtliches Aufwachen stärker wahrnehmen und sehr negativ bewerten, während Menschen ohne Schlafprobleme kurze Wachepisoden gar nicht erst wahrnehmen oder weniger beachten.

  3. „Der Schlaf vor Mitternacht ist der beste.“

    Auch dieser Aussage kann aus Sicht eines Schlafforschers nicht zugestimmt werden. Das erste Drittel des Schlafes mit seinem überwiegenden Tiefschlafanteil tritt nämlich unabhängig vom Einschlafzeitpunkt auf. Das heißt: Egal, ob Sie um 23 Uhr abends oder 1 Uhr morgens einschlafen – Ihr Schlaf würde im Schlaflabor einen sehr ähnlichen Verlauf zeigen. Was jedoch stimmt, ist, dass regelmäßige Einschlaf- und Aufstehzeitpunkte schlafstabilisierend wirken.

  4. „Wenn man vor dem Schlafengehen Alkohol trinkt, kann man anschließend besser schlafen.“

    Falsch: Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass Alkoholkonsum die Schlafarchitektur verändert. Der Schlaf wird durch Alkoholkonsum insbesondere in der zweiten Hälfte der Nacht zunehmend flacher, man wacht häufiger auf und die Schlafqualität sinkt.

  5. „Vollmond beeinflusst den Schlaf negativ.“

    Obwohl viele Menschen dieses glauben, konnte bisher keine wissenschaftliche Untersuchung belegen, dass die Mondphasen einen Einfluss auf unsere Schlafqualität ausüben.

Was sind mögliche Ursachen für schlechten Schlaf und was kann ich tun?

Einige Menschen berichten von oder leiden an schlechtem Schlaf. Häufig spielen dabei auch psychische Faktoren eine große Rolle. Beispielsweise können erhöhte Anspannung oder Stress, zu viel oder zu wenig körperliche Aktivität oder mangelhafte Schlafhygiene schlechten Schlaf bedingen. Schlafprobleme sind jedoch auch ein häufiges Symptom diverser psychischer Erkrankungen und treten beispielsweise auch häufig im Rahmen einer Depression auf. Wenn Sie daher nicht nur an wenig erholsamem Schlaf, sondern darüber hinaus auch an Symptomen einer psychischen Erkrankung leiden, ist es ratsam einen Experten aufzusuchen. Denn Schlafstörungen können mehr Stress für das Gehirn und die Psyche bedeuten, wodurch psychische Störungen verstärken werden können.

Falls Sie außer an Ihren Schlafproblemen an keinen Symptomen einer anderen psychischen Störung leiden, Ihre Schlafstörung jedoch bereits über einen Monat andauert und Ihre Leistungsfähigkeit sowie Ihr Wohlbefinden stark beeinträchtigt, kann auch hier der Gang zum Hausarzt sinnvoll sein. Neben der Abklärung von körperlichen Ursachen von Schlafstörungen kann auch eine schlafmedizinische oder psychiatrische bzw. psychotherapeutische Beratung oder Behandlung angeraten sein. 

Wie kann ich meinen Schlaf auch ohne Medikamenteneinnahme verbessern?

Neben medizinischen Ansätzen und Medikamenten, welche schlafstabilisierend wirken, interessieren sich viele Menschen mit Schlafproblemen auch für nicht-medikamentöse Methoden, durch welche sie ihren Schlaf verbessern können. Denn eine Schlafmedikation ist zumeist nur kurzzeitig sinnvoll und kann auch langfristig negative Folgen haben wie Gewöhnung, Störung der Schlafphasen und Wirkverlust. Zu den bekanntesten nicht-medikamentösen Therapien bei Schlafproblemen zählen die Regeln zur Schlafhygiene sowie Stimuluskontrolle, auf welche im Folgenden genauer eingegangen werden soll. Diese müssen allerdings über einen gewissen Zeitraum durchgeführt werden, da ihre Erfolge erst mit einer zeitlichen Verzögerung (meist erst nach circa 2-4 Wochen) auftreten, dafür jedoch bei konsequenter Durchführung anhaltend sind. 

- Regeln zur Stimuluskontrolle

Der Hintergrund der Regeln zur Stimuluskontrolle ist die Feststellung, dass Personen ohne Schlafprobleme ihr Bett mit positiven Gedanken und Gefühlen verknüpfen. Diese gelernte Verknüpfung führt dazu, dass es bei diesen Personen zu körperlicher Entspannung kommt, sobald sie ihr Bett aufsuchen und diese das Einschlafen begünstigt. Personen mit Schlafproblemen dagegen verknüpfen das Bett zunehmend mit negativen Erfahrungen, Gedanken und Gefühlen, welche wiederum zu körperlichen Anspannungsprozessen führen und das Einschlafen erschweren. Daher zielen die Regeln zur Stimuluskontrolle darauf ab, dass Personen mit Schlafproblemen das Bett wieder mit einem Ort des Schlafes und der Erholung verknüpfen und ihr Körper auf dieses mit schlaffördernder Entspannung reagiert.

Die aus diesem Ziel abgeleiteten Regeln zur Stimuluskontrolle lauten wie folgt:

  1. Suchen Sie Ihr Bett erst bei ausreichend starker Müdigkeit auf.
  2. Nutzen Sie Ihr Bett ausschließlich zum Schlafen. Vermeiden Sie jegliche andere Aktivität (z.B. lesen, fernsehen etc.; Ausnahme: sexuelle Aktivitäten), damit Sie Ihr Bett ausschließlich mit einem Ort der Ruhe und des Schlafes verknüpfen.
  3. Verlassen Sie Ihr Schlafzimmer bei Schlaflosigkeit und begeben Sie sich erst bei starker Müdigkeit zurück in Ihr Bett. Während dieser Zeit können Sie sich anderweitig beschäftigen, Sie sollten jedoch nichts tun, womit negative Gefühle oder Aufregung erzeugt werden.
  4. Halten Sie feste Aufstehzeiten ein – auch am Wochenende, im Urlaub oder falls Sie in der Nacht zuvor schlecht geschlafen haben.
  5. Vermeiden Sie Tagschlaf.

Stimuluskontrolle

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Literatur

Holzinger, B., & Klösch, G. (2017). Schlafstörungen: Psychologische Beratung und Schlafcoaching. Springer-Verlag.

Kircher, T. (2012). Kompendium der Psychotherapie. Springer Berlin Heidelberg.

Binder, Schöller, Weeß (2020). Therapie-Tools Schlafstörungen. Beltz.