Erwachsenen-Herzchirurgie

Die Klinik für Herz-, Lungen- und Gefäßchirurgie bildet gemeinsam mit Klinik für Innere Medizin 2, der Kinderkardiologie und der Klinik für Psychosomatik das Herzzentrums Westpfalz. Darüber hinaus sind wir gemeinsam mit der Klinik für Anästhesie, Intensiv-, Notfallmedizin und Schmerztherapie 1 und der Klinik für Innere Medizin 2 als TAVI-Zentrum Westpfalz zertifiziert.

Herzchirurgische Schwerpunkte

Operativ decken wir das gesamte Spektrum der Erwachsenenherzchirurgie mit Ausnahme der Herztransplantation ab. Ausgewiesene herzchirurgische Schwerpunkte sind neben der Koronar-Chirugie die operative Herzinsuffizienz-Therapie (Klappeneingriffe, Aneurysmachirurgie, Hochrisiko-Revaskularisationen), die Endokarditis-Chirurgie und die temporäre Herz- und Lungenunterstützung.

Unser Leistungsspektrum

Eingriffe an den Herzkranzgefäßen

  • Bypasschirurgie unter Einsatz der Herz-Lungen-Maschine oder am schlagenden Herzen (OPCAB, MIDCAB)
  • arterielle Revaskularisation präferentiell unter Benutzung beider Aa. mammariae oder der A. radialis
  • minimalinvasive Venenentnahmen
  • Infarktchirurgie (VSD, Aneurysma)

Aorten-Chirurgie

  • Ersatz der Aorta ascendens und des Aortenbogens bei Aneurysmen oder Aortendissektionen, mit oder ohne Ersatz und Rekonstruktion der Aortenklappe
  • Aortenbogen-Stenting mit Debranching im Rahmen von Dissektionen und bei Aneurysmen

Aortenklappen-Chirurgie

  • minimalinvasiver Aortenklappenersatz (MICAKE) als Standardeingriff
  • Aortenklappenrekonstruktion nach Yacoub oder David
  • Endokarditischirurgie
  • komplexe Wurzelchirurgie

Mitral- und Trikuspidalklappen-Chirurgie

Excellenzzentrum für Mitralklappen-Rekonstruktionen

Ventrikel-Aneurysma

Ventrikel-Rekonstruktionen nach Dor

Transkatheter-Aortenklappen-Implantation (TAVI)

  • TAVI-Implantationen erfolgen im Herz-Team gemeinsam mit den Kollegen der Kardiologie im Hybrid-Op modernster Generation
  • alle TAVI-Implantationsmöglichkeiten: in der Regel über die Beckenarterien, falls technisch nicht möglich über die A. subclavia, die aufsteigende Aorta (direct aortic) oder die Herzspitze (transapical)

Rhythmus-Chirurgie

  • Entfernung von Schrittmachersonden mittels Laser
  • Operationen bei Sonden oder Schrittmacheraggregat-Infektionen

Herzklappen-Chirurgie

Jährlich werden mehr als 30.000 Herzklappenoperationen in Deutschland bei erwachsenen Patienten durchgeführt. Die Tendenz ist in den letzten Jahren aufgrund der interventionellen Klappenoperationen (TAVI) steigend.

Das Herz ist ein Hohlmuskel, der sich beim Erwachsenen in Ruhe 60 bis 90 mal pro Minute zu-sammenzieht und 5 bis 6 Liter Blut in den Körper pumpt. Es besteht aus zwei Hälften, jede mit einer Hauptkammer (Ventrikel) und einem Vorhof (Atrium). Der Blutstrom wird durch vier Herzklappen (zwei auf der linken und zwei auf der rechten Seite) gesteuert, die als Einlass- und Auslassventile dienen.

Sauerstoffarmes Blut aus der oberen und unteren Körperhälfte gelangt über die obere und untere Hohlvene in den rechten Vorhof und von dort durch die Tricuspidalklappe in die rechte Kammer. Diese pumpt es dann in die Lungenstrombahn. Zwischen rechter Kammer und Lungengefäßen ist die Pulmonalklappe geschaltet. In der Lunge wird das Blut mit Sauerstoff angereichert und fließt über den linken Vorhof und die Mitralklappe in die linke Herzkammer. Diese pumpt es über die Aortenklappe und die Aorta (Hauptschlagader) in den gesamten Kör-per.

Die vier Herzklappen bestimmen wie Ventile die Strömungsrichtung. Zum einen sorgen sie für den ungehinderten Vorwärtsfluss des Blutes. Zum anderen verhindern sie, dass das Blut zurückströmen kann. Nach ihrer Funktion werden die Klappen als Einlass-Klappen (trennen die Vorhöfe von den Herzkammern) oder Auslass-Klappen bezeichnet. Die Auslass-Klappen sind sogenannte Taschenklappen, die Einlass-Klappen Segelklappen. Die Klappen schließen in kürzester Zeit mit minimaler Undichtigkeit und setzen in der Öffnungsphase dem Blut einen sehr geringen Widerstand entgegen. Sie schädigen die Blutkörperchen nicht und sind widerstandsfähig gegen Bakterien.

Am häufigsten erkranken die Klappen der linken Seite des Herzens (Aorten- und Mitralklappe), da diese der höchsten Druckbelastung ausgesetzt sind. Die Klappen können Verengungen (Stenosen) oder Undichtigkeiten (Insuffizienzen) und Kombinationen entwickeln. Bei einer Stenose muss im vorgeschalteten Abschnitt des Kreislaufsystems mehr Druck aufgebaut werden, um das Blut durch die kleine Öffnung zu pumpen. Bei einer Insuffizienz kommt es zu einer Volumenbelastung der Herzkammern, da die Herzkammern zusätzlich zu dem für die Versorgung des Körpers notwendigen Blutvolumen das Leckvolumen pumpen müssen.

Klappen-Erkrankungen können verschiedene Ursachen haben: Seit Einführung und durch den konsequenten Einsatz von Antibiotika spielt das rheumatische Fieber hierzulande kaum noch eine Rolle. Allerdings nehmen angeborene Gewebsschwächen oder Formveränderungen als Ursachen für Klappenerkrankungen zu. Die Funktionsunfähigkeit entwickelt sich meist im Laufe von Jahrzehnten und betrifft daher häufig ältere Menschen. Entsteht akut durch einen Herzinfarkt oder eine bakterielle Entzündung eine Klappenerkrankung, so wird diese sehr schlecht toleriert und es muss entweder dringlich oder notfallmäßig operiert werden.

Der häufigste angeborene Herzklappen-Fehler ist die bicuspide Aortenklappe (bei 2 Prozent der Bevölkerung). Die Klappe besteht nicht aus 3, sondern nur aus 2 Taschen, die dann mechanisch vermehrt belastet sind. Dies kann schon beim Kind zu einer Stenose mit entsprechender Symptomatik führen, beim jungen Erwachsenen steht die Undichtigkeit im Vordergrund und im höheren Alter die verkalkte Klappenenge. Angeborene Störungen der Mitralklappe sind seltener, am häufigsten ist hier der Spalt im vorderen Mitralsegel als Teil einer unterschiedlich ausgebildeten komplexen Missbildung - dem partiellen oder kompletten AV-Kanal. Selten bestehen angeborene Pulmonalklappen-Stenosen, die meist durch Ballondehnung behandelt werden.

Degenerative Klappenerkrankungen finden sich am häufigsten an der Mitralklappe, wo sie zur Undichtigkeit führen. Die Mitralinsuffizienz ist inzwischen die häufigste Funktionsstörung der Mitralklappe. Die wichtigste Ursache ist die Verlängerung oder der Abriss von Sehnenfäden aufgrund degenerativer Veränderungen oder als Folge einer Bindegewebserkrankung. Da der Rest der Segelstruktur noch erhalten ist, sind diese Klappen meist rekonstruierbar.

Degenerative Verkalkungen betreffen am häufigsten die Aortenklappe bei älteren Patienten, seltener die Mitralklappe. Das ursprünglich zarte Klappengewebe wird steif und unbeweglich; es kommt zu Schrumpfungen, Verwachsungen und Kalkeinlagerungen. Risikofaktoren sind eine allgemeine Arteriosklerose, Bluthochdruck und Klappenvorschädigungen.

Rheumatische Klappen-Erkrankungen sieht man durch die in Westeuropa übliche frühzeitige Anwendung von Antibiotika meist nur noch bei Patienten aus weniger entwickelten Ländern. Es kommt zu einer Entzündung der Klappensegel, die eine chronische Schrumpfung und Verdickung der Klappen nach sich zieht. Segel und Sehnenfäden sind verdickt, geschrumpft und miteinander verschmolzen. In diesen Fällen ist meist ein Klappenersatz notwendig.

Durch Bakterien hervorgerufenen Entzündungen der Herzklappen (Endokarditis) können sehr unterschiedlich verlaufen: Zum Teil werden sie während eines Krankheitsverlaufes - ähnlich einem grippalen Infekt - nicht weiter auffällig. Im Extremfall können sie aber zur schwersten akuten Klappenzerstörung führen. Sie entstehen durch unmittelbare Besiedlung der Klappe mit Bakterien, die aus einem infektiösen Herd ins Blut gelangten. Die Folgen sind neben der schweren infektiösen Erkrankung die Klappendestruktion mit Undichtigkeit sowie die Bildung von "Vegetationen" (Gemisch aus Bakterien und Blutgerinnseln), die durch Verschleppung ("Embolie") zu Gefäßverschlüssen führen können, zum Beispiel zu einem Schlaganfall.

Um eine ganz andere Gruppe handelt es sich bei den sekundären Klappenerkrankungen. Darunter versteht man Veränderungen, die aufgrund anderer Herzerkrankungen auftreten. Häufig ist die Ursache eine Dehnung des Klappenringes bei Herzmuskelerkrankungen ("Kardiomyopathie") oder nach einem Herzinfarkt. Seltene Ursache einer Undichtigkeit der Aortenklappe kann eine Erweiterung der Körperschlagader ("Aneurysma") sein. Im rechten Herzen können Erkrankungen der Lungen oder Mitralklappen-Fehler über die Erhöhung des Lungenschlagaderdruckes zu einer Undichtigkeit der Tricuspidalklappe führen.

Symptome

Jede langanhaltende Herzklappen-Fehlfunktion führt zu einer Einschränkung der Pumpleistung des Herzmuskels. Bei einer Klappen-Insuffizienz wird das Herz mit Volumen überlastet, bei einer Stenose durch den hohen Druck. Insuffiziente oder stenotische Herzklappen führen zu einem Rückstau von Blut in derjenigen Herzhöhle, die vor der betroffenen Herzklappe liegt.

Die Art der Beschwerden hängt davon ab, wohin sich das Blut zurückstaut. Herzklappenfehler im Bereich des linken Herzens führen zu einem Blutrückstau in den Lungenkreislauf. Dadurch entsteht eine Überwässerung der Lunge, so dass das Blut nur erschwert Sauerstoff aus der Atemluft aufnehmen kann. Bei stärkerer Belastung kommt es als erstes zu Kurzatmigkeit und Luftnot. Später treten diese Symptome dann bei immer geringeren Anstrengungen auf, schließlich bestehen sie schon in Ruhe. Eine Brustenge bei Anstrengungen und Herzstolpern oder Schwindelattacken bis hin zur Bewusstlosigkeit können hinzukommen.

Herzklappenfehler auf der rechten Herzseite führen zu einem Rückstau in die Körperperipherie. Schwellungen an den Beinen, später auch im Bauchbereich sind die Folge. Sehr schwere Klappenfehler des linken Herzens können akut oder nach vielen Jahren auch zu einem Rückstau in das rechte Herz führen, sodass nun neben den Zeichen der Lungenstauung Rechtsherz-Stauungszeichen hinzukommen. Man spricht dann von einem Versagen des gesamten Herzens (Globalinsuffizienz). Mit Ausnahme der herzinfarktbedingten Klappenfehlfunktionen entwickeln sich Herzklappenschäden meist schleichend. Das Herz ist dabei einer langsam zunehmenden Belastung ausgesetzt, an die es sich bis zu einem gewissen Punkt anpassen kann

Diagnostik

Meist äußert der Hausarzt beim Abhören der Herztöne den Verdacht auf eine Herzklappenerkrankung. In der Regel erfolgt als nächste Untersuchung ein Ultraschall des Herzens (Echokardiografie) von außen (transthorakal). Häufig muss diese Untersuchung um eine weitere Untersuchung, bei der eine Ultraschallsonde in die Speiseröhre eingeführt wird (transösophageales Echo, TEE), ergänzt werden. Dabei kann häufig schon die Diagnose gestellt werden. In der Regel wird danach noch eine Herzkatheter-Untersuchung angeschlossen.

Operative Therapie

Ziel einer Operation ist es, die normale Herzklappenfunktion wiederherzustellen, bevor der Herzmuskel so stark geschädigt ist, dass sich die Herzfunktion nicht mehr normalisieren kann. Eine rechtzeitig durchgeführte Operation kann entscheidend Lebensqualität und Überleben verbessern. Spätestens bei eingeschränkter Herzfunktion muss man eine Operation erwägen. Denn dann mündet die fortdauernde Überlastung des Herzmuskels in eine bleibende Schädigung des Herzmuskels, die auch durch einen Klappenersatz nicht mehr rückgängig gemacht werden kann.

Die Prognose der Aortenstenose hängt im Wesentlichen vom Schweregrad des Klappenfehlers und der Pumpfunktion des linken Herzens ab. So ist eine Klappenöffnungsfläche von weniger als 1 Quadratzentimeter (normal 2 bis 4 Quadratzentimeter) beziehungsweise ein Gradient (Druckunterschied zwischen linker Kammer und Hauptschlagader) von mehr als 40 Millimeter-Quecksilbersäule ohne operative Korrektur nur mit einem mittleren Überleben von 4 Jahren verbunden. Eine schlechte Prognose wird durch das Auftreten von Symptomen wie Luftnot, Brustenge (Angina pectoris) oder Ohnmachtszuständen (Synkopen) angezeigt.

Die Prognose der chronischen Aortenklappeninsuffizienz ist in der Regel relativ gut. Zeichen einer ungünstigen Entwicklung sind eine Abnahme der Pumpfunktion und die Größenzunahme des linken Herzens. Der Herzfehler wird bei Zeichen des beginnenden Herzversagens der Operation zugeführt. Bestehen andere Gründe für einen Eingriff am Herzen, zum Beispiel eine Bypass-Operation, so wird die Entscheidung zur Operation der Aortenklappe großzügiger gestellt. Wichtig ist die für den Patienten adäquate Wahl des Behandlungsverfahrens. Hierzu werden nicht nur kardiale Aspekte, sondern auch Alter, Gründe, die gegen eine langfristige Behandlung mit gerinnungshemmenden Medikamenten sprechen, und die Lebensführung des Patienten in Betracht gezogen.

Bei einer bakteriellen Erkrankung der Aortenklappe mit ausgeprägter Klappenundichtigkeit oder wenn sich bereits ein Abszess entwickelt hat, ist die medikamentöse Behandlung wenig aussichtsreich. Große Bakterienrasen oder stattgehabte Embolien sind Alarmzeichen und weisen auf die akute Lebensgefährdung des Patienten hin.

Die Prognose bei Vorliegen einer Mitralstenose ist abhängig von der Klappenöffnungsfläche, den Beschwerden des Patienten und dem Auftreten einer Druckerhöhung im Lungenkreislauf (pulmonale Hypertonie). Bestehen Symptome schon bei geringer körperlicher Belastung (Klappenöffnungsfläche meist unter 1,5 Quadratzentimeter, Druckgradienten von mehr als 10 Millimeter Quecksilbersäule), so leben nach 5 Jahren nur noch 60 Prozent der Betroffenen. Bei der reinen Mitralstenose und erhaltenem regelmäßigem Rhythmus (Sinusrhythmus) kann mit einer Ballondilatation bei einem Teil der Fälle eine Verbesserung der Klappenöffnung und des klinischen Zustandes erzielt werden. Hier erscheint ein Eingriff bereits auch bei beschwerdearmen Patienten und bei einer Klappenöffnungsfläche von weniger als 1,5 Quadratzentimeter gerechtfertigt.

Die Prognose der Mitralinsuffizienz ist bestimmt durch Einschränkung der Pumpfunktion des linken Herzens, von den Symptomen kann sie lange Zeit kompensiert bleiben. Bei der Entscheidung zum operativen Vorgehen finden der Schweregrad der Herzschwäche, die Art der Veränderungen an der Mitralklappe und begleitende Aspekte wie zum Beispiel das Vorhandensein von Herzrhythmusstörungen (Vorhofflimmern) Berücksichtigung. Das operative Risiko ist gering und die Klappe kann in geübten Händen fast immer rekonstruiert werden. Da die Entwicklung einer Herzfunktionsstörung im Laufe der folgenden Jahre absehbar ist, wird die Korrektur in Zentren mit großer Erfahrung mit diesen Eingriffen bereits bei wenig eingeschränkten Patienten empfohlen. Sind die Patienten bereits hoch symptomatisch, besteht Luftnot bereits in Ruhe oder bei geringster Belastung, so bringt die Operation zwar noch eine Verbesserung der Prognose mit sich, ist jedoch mit einer deutlich höheren Komplikationsrate und operativen Sterblichkeit verbunden. Da die natürlichen menschlichen Herzklappen eine einzigartige Lebensdauer und Funktionsweise besitzen, wird, wenn immer möglich, versucht, die erkrankte Herzklappe zu reparieren.

Die Operation wird in Allgemeinnarkose mit Hilfe der Herz-Lungen-Maschine durchgeführt. So kann der Chirurg am stillstehenden Herzen die defekte Klappe reparieren oder entfernen und durch eine neue Klappe ersetzen. Da Herzen mit geschädigten Klappen meist jahrelang an die Überlastung angepasst sind, werden Operationen mit Ersatz einer Herzklappe in der Regel auch von älteren und sehr alten Patienten gut bewältigt. Nach der Operation geht es ihnen deutlich und anhaltend besser als zuvor.

Geeignet für rekonstruktive Verfahren sind vor allem die Tricuspidal- sowie die Mitralklappe. Eingeschränkt sind die Reparationsmöglichkeiten, wenn ausgeprägte Verkalkungen und schwere Gewebeveränderungen vorliegen. Dann kommt lediglich ein Herzklappenersatz in Betracht.

Die Tricuspidalklappe ist sehr häufig lediglich durch eine Ringerweiterung undicht. Durch Einengung des Ringes kann die Dichtigkeit der Klappe wiederhergestellt werden. Bei der Mehrheit der Patienten mit einem Aortenklappenfehler muss die erkrankte Klappe allerdings ersetzt werden. Unterschieden werden zwei Typen von Klappenprothesen: biologische, unter denen Bioprothesen, menschliche Klappen (Homografts) und pulmonale Autografts (Ross-Operation) subsummiert werden, sowie mechanische Klappen, sprich Kunststoff-Klappen.

Welcher Klappentyp für den einzelnen Patienten infrage kommt, hängt von verschiedenen Faktoren ab: Die Auswahl der Klappenprothese erfolgt unter Berücksichtigung aller medizinischen Daten (Alter, Medikamente, Nebenerkrankungen ...) und persönlichen Einstellungen und Wünsche.

Die Hauptunterschiede der beiden Klappentypen bestehen darin, dass Bioklappen eine potenziell beschränkte Haltbarkeit haben (etwa 10 bis 15 Jahre), jedoch nicht lebenslang mit gerinnungshemmenden Medikamenten behandelt werden müssen. Für die Patienten bedeutet dies eine bessere Lebensqualität bei allerdings höherer Reoperationsrate. Mechanische Prothesen (Kunstklappen) zeichnen sich durch eine fast unbeschränkte Haltbarkeit aus, nachteilig ist jedoch, dass die Patienten zeitlebens gerinnungshemmende Medikamente einnehmen müssen.

Bioprothesen sind Herzklappen aus Gewebe von Tieren (Aortenklappen vom Schwein; Klappen aus dem Herzbeutel von Rindern), die zur Stabilisierung des tierischen Gewebes chemisch behandelt sind. Der Verzicht auf gerinnungshemmende Medikamente ist insbesondere bei älteren Patienten mit erhöhtem Blutungsrisiko von Vorteil. Auch bei jungen Frauen mit Kinderwunsch kann eine biologische Prothese von Vorteil sein, allerdings neigen Bioprothesen bei jüngeren Patienten zu vorzeitiger Verkalkung.

Zu den Bioprothesen zählen ebenfalls menschliche Herzklappen (Homografts), die in einer etwas aufwendigeren Operationstechnik eingepflanzt werden. Homografts werden aus Spenderherzen gewonnen und vereinen die Vorteile der biologischen Prothesen bei einer etwas längeren Haltbarkeit: Nur etwa 10 Prozent der Homografts müssen innerhalb von 10 Jahren in Aortenposition getauscht werden. Die Klappenfunktion ist der der natürlichen Klappe identisch. Die Verfügbarkeit ist jedoch gering, sodass diese Herzklappen nur für wenige Patienten und in besonderen Situationen Verwendung finden können.

Ein weiteres biologisches Verfahren ist die Ross-Operation. 1967 ersetzte der englische Chirurg Donald Ross die erkrankte Aortenklappe durch die eigene gesunde Pulmonalklappe (Ross-Operation, Pulmonales Autograft). Für die entfernte Pulmonalklappe wird ein Homograft eingesetzt. Die Operationstechnik ist aufwendig, die besonderen Vorteile liegen darin, dass es sich um lebendes, körpereigenes Gewebe handelt. Die ehemalige Lungenschlagader-Klappe kann bei Kindern und Jugendlichen mitwachsen und das Verfahren ist daher der Eingriff der Wahl zum Ersatz der Aortenklappe bei Kindern und jungen Erwachsenen. Allerdings werden auch bei diesen Patienten Reoperationen wegen Verengungen des Homografts oder Undichtigkeiten der Aortenklappe notwendig.

In den letzten Jahren dazu gekommen ist der Aortenklappenersatz in Kathetertechnik (TAVI). Die besonderen Vorteile dieser Technik bestehen bei alten und schwerkranken Patienten, denen die offene Herzoperation nicht zugemutet werden kann. Allerdings liegen noch keine Langzeitergebnisse vor, sodass die internationalen Leitlinien die Empfehlungen auf alte Patienten einschränken. Bei der katheterbasierten Aortenklappen-Implantation wird die Aortenklappe in der Regel von der Leiste aus ersetzt. Lassen zum Beispiel die Gefäße im Beckenbereich dies nicht zu, so kommen alternativ die Herzspitze und die Armschlagader als Zugangswege in Frage. Die Prothese wird dann unter Röntgenkontrolle exakt innerhalb der verkalkten Klappe, die belassen und zur Seite gedrückt wird, positioniert. Vorteile der TAVI sind eine kürzere Operation, weniger Schmerzen und ein kürzerer Krankenhausaufenthalt. Wie bei der operativen Implantation einer Herzklappe bietet TAVI sowohl eine kurz- als auch langfristige Linderung der Symptome, eine Erhöhung der allgemeinen Lebenserwartung und Verbesserung der Lebensqualität. Von Nachteil ist, dass noch keine langfristigen Erfahrungen mit den Klappenprothesen existieren und die Rate notwendiger Schrittmacherimplantationen viel höher als bei der offenen Operation ist. Das Gesamtrisiko zu sterben ist für beide Verfahren gleich niedrig.

Die möglichen Risiken des Herzklappen-Ersatzes können von Patient zu Patient je nach Alter, allgemeiner gesundheitlicher Verfassung und anderen Faktoren stark variieren. Die ärztlichen Empfehlungen basieren auf gemeinsamen Beschlüssen im Herzteam, dem Herzchirurgen, Kardiologen und Anästhesisten angehören und das sich in der Herzkonferenz regelmäßig trifft.

Künstliche (mechanische) Herzklappenprothesen, die überwiegend als "Zwei-Flügel-Klappen" zum Einsatz kommen, zeichnen sich durch ein günstiges Strömungsverhalten sowie eine hervorragende Haltbarkeit bei guter Körperverträglichkeit aus. Um die Bildung von Blutgerinnseln an der Klappe zu verhindern müssen jedoch die Patienten zeitlebens ein gerinnungshemmendes Medikament (Marcumar) einnehmen. Daraus resultiert eine erhöhte Blutungsneigung. Die Einnahme muss durch regelmäßige Gerinnungskontrollen überwacht werden und die Medikamentendosis angepasst werden. Für viele Patienten bietet sich heute das Erlernen der „INR-Selbstbestimmung“ an, wodurch eine größere Unabhängigkeit und Flexibilität möglich ist.

Welche Klappe beziehungsweise welches Verfahren angewandt wird, muss nach sorgfältiger Abwägung aller Aspekte gemeinsam vom Operateur mit dem Patienten entschieden werden. Wertet man nur jene Komplikationen, die zu einem bleibenden Schaden oder gar zum Tod führen, so gibt es bei Implantation ab dem 55. Lebensjahr zwischen beiden Gruppen keinen nennenswerten Unterschied mehr. Mit zunehmendem Alter erhöhen sich die Vorteile der biologischen Klappen. Da die Patienten heutzutage deutlich älter geworden sind, werden ganz überwiegend biologische Klappen implantiert. Hierzu hat auch wesentlich die Möglichkeit beigetragen, eine degenerierte Bioklappe durch einen Katheter-Eingriff zu ersetzen.

Nicht nur die Bypass-Chirurgie, sondern auch ein Herzklappen-Ersatz ist über kleinere Schnitte minimal-invasiv möglich.

Ergebnisse

Das Sterblichkeitsrisiko für den geplanten Ersatz der Aortenklappe liegt in der Größenordnung von 1 bis 3 Prozent. Beim älteren Patienten ist mit einer etwas höheren Sterblichkeit zu rechnen. Typische Komplikationen des Klappenersatzes sind Herzrhythmus-Störungen (AV-Block) und Klappen-Undichtigkeiten (paravalvuläres Leck).

Das Risiko einer bakteriellen Infektion der implantierten Prothese ist bei allen biologischen und mechanischen Herzklappen vorhanden und in den ersten drei postoperativen Monaten erhöht. Es verbleibt lebenslang und macht eine konsequente Endokarditis-Prophylaxe notwendig.

Entscheidend für die individuelle Verfahrensweise sind Langzeitfunktion, Thrombembolie und Blutungskomplikationen. Reoperationen können erforderlich sein bei paravalvulärem Leck, Endokarditis oder Thrombose der Klappe. Es verbleibt lebenslang das Risiko der Verschleppung von Gerinnseln, ausgehend von den Kunststoffteilen der Klappe. Die lebenslange Gerinnungshemmung ist daher erforderlich. Diese wiederum bringt das Risiko von Blutungskomplikationen mit sich. Nach aktuellen Daten liegt das Optimum der Antikoagulation mit Marcumar bei einer INR von 2,5 bis 3. Unter diesen Bedingungen muss mit Thrombembolien in einer Häufigkeit von etwa 1 bis 2 Prozent pro Patientenjahr gerechnet werden. Die Häufigkeit von Blutungskomplikationen liegt bei 1,5 bis 3 Prozent pro Jahr, von denen aber nur ein kleiner Teil als schwerwiegend zu bezeichnen ist.

Das Embolierisiko von auf Gerüst aufgezogenen Bioprothesen liegt auch ohne Einnahme gerinnungshemmender Medikamente unter dem mechanischer Prothesen. Im langfristigen Verlauf ist für die Bioprothese keine Antikoagulation erforderlich; falls nicht andere Faktoren (zum Beispiel Vorhofflimmern) dies notwendig machen. Negativer Aspekt der Bioprothesen ist die strukturelle Degeneration, die altersabhängig auftritt und zur schweren Funktionsstörung mit Notwendigkeit einer Reoperation führen kann.

Das Sterblichkeitsrisiko des Mitralklappenersatzes liegt bei 3 bis 5 Prozent, sofern nicht erschwerende Begleiterkrankungen als Risikofaktoren bestehen. Die Funktionsdauer mechanischer Prothesen in Mitralposition ist praktisch unbegrenzt. Das Risiko von Thromb-embolien und die Notwendigkeit der Antikoagulation mit den zugehörigen Risiken sind jedoch deutlich höher als bei der Aortenklappe. Die Antikoagulation wird dementsprechend auch mit einem höheren INR-Zielbereich von 2,5 bis 3,5 empfohlen.

Das Risiko von Thrombembolien ist bei biologischen Prothesen in Mitralposition geringer. Dennoch wird aufgrund der früh postoperativ erhöhten Komplikationsrate die Antikoagulation für 3 Monate empfohlen. Im langfristigen Verlauf zeichnet sich die Bioprothese - offensichtlich durch die höhere mechanische Beanspruchung - in Mitralposition durch eine gegenüber der Aortenposition verringerte Laufzeit aus.

Das operative Risiko der Klappenrekonstruktion ist mit 1 bis 2 Prozent deutlich geringer. Das Auftreten thrombembolischer Komplikationen ist im Wesentlichen abhängig vom vorliegenden Rhythmus. Eine Gerinnungshemmung ist nur bei Vorhofflimmern erforderlich.

Die Sterblichkeit beim Trikuspidalklappen-Ersatz liegt höher als bei Mitral- oder Aortenklappen-Eeingriffen und ist wesentlich abhängig vom Ausmaß einer begleitenden Funktionseinschränkung anderer Organe, vor allem der Leber. Neben den möglichen Komplikationen der Herzchirurgie ist im Zusammenhang mit einem Trikuspidalklappen-Ersatz besonders mit der Entstehung eines AV-Blocks als Folge der Schädigung des Reizleitungssystems zu rechnen. Die Probleme der Antikoagulation bestehen wie bei dem Ersatz der Klappen des linken Herzens.

Leben nach der Herzklappenoperation

Nach einer gewissen Erholungsphase besteht in der Regel eine gute Lebensqualität ohne Einschränkungen. Für die meisten Patienten nach einer Herzklappenoperation ist heute ein normales Leben ohne Einschränkungen mit normaler Lebenserwartung möglich geworden. Zu bedenken ist aber, dass sich die Begleitveränderungen am Herzen, die über Jahre bis Jahrzehnte entstanden ist, nicht sofort nach der Operation zurückbilden. Die Erholung des Herzmuskels braucht bis zu einem Jahr.

Zum Schutz vor Prothesen-Infektionen sollte vor chirurgischen und zahnärztlichen Eingriffen sowie endoskopischen Untersuchungen immer eine Therapie mit Antibiotika durchgeführt werden (Endokarditis-Prophylaxe).