Moderne Operationsverfahren

Verletzungen, Erkrankungen und Verschleißerscheinungen des Gelenkknorpels stellen einen sehr weit gefächerten Problemkreis dar. Da der Knorpel den gesamten inneren Bereich eines Gelenkes auskleidet, unterscheiden wir zwischen einem umschriebenen Knorpelschaden, zum Beispiel nach einem Unfall oder bei einer Bandinstabilität, und dem allgemeinen Knorpelverschleiß, der Arthrose. Am häufigsten ist das Knie betroffen, seltener Schulter, Ellenbogen, Sprunggelenk oder Hüfte.

Bei einem umschriebenen Knorpelschaden, zum Beispiel auch in Kombination mit einer Bandinstabilität, sind die Behandlungsmöglichkeiten vielfältig. Zudem gibt es spezielle Krankheitsbilder, die zu einem Absterben des Knorpels und des darunter liegenden Knochens führen können. Die Entscheidung für ein bestimmtes Behandlungsverfahren hängt von den jeweiligen Gegebenheiten ab. Sie ist für jeden einzelnen Patienten speziell zu prüfen und zu diskutieren. Wichtig ist es hierbei, den richtigen Patienten zur richtigen Zeit mit der richtigen Operation zu versorgen.

Folgende Faktoren sind bei der Entscheidungsfindung von Bedeutung:

  • Größe des Knorpeldefektes
  • Lokalisation des Knorpeldefektes
  • Anzahl der Knorpeldefekte
  • Tiefe des Defektes (inkl. des darunter liegenden Knochens)
  • Alter und Aktivität des Patienten
  • Begleitverletzungen (Kreuzbandinstabilität)
  • Beinachse

Häufig ist es sinnvoll, die Knorpelbehandlung mit anderen Operationen, zum Beispiel einem Kreuzbandersatz oder einer Achskorrektur, zu kombinieren. Nicht jeder Knorpelschaden muss zwangsläufig Probleme bereiten. Daher ist es in jedem Fall sinnvoll, das Kniegelenk in Ruhe zu untersuchen und die Beschwerden des Patienten zu analysieren. Eventuell gibt es andere Ursachen für die Beschwerden. Da der Knorpel keine Nervenversorgung hat, bereitet ein Knorpelschaden auch nicht immer Schmerzen, sondern erst die daraus resultierende Gelenkschleimhautentzündung oder Veränderungen des darunter liegenden Knochens.

Knorpelglättung

Finden wir aufgerauten Knorpel vor, haben wir die Möglichkeit, die überstehenden, sich ablösenden Knorpelanteile zu entfernen und den Defekt zu glätten. Eine solche Knorpelglättung  soll den Knorpelschaden stabilisieren, sodass ein weiterer Knorpelabrieb verringert beziehungsweise die dadurch entstehende Gelenkschleimhautentzündung reduziert wird. Diese Methode allein ist jedoch nur begrenzt erfolgversprechend. Deshalb setzen wir sie meist in Kombination mit anderen Verfahren ein.

Mikrofraktur-Technik

Bei einem tief reichenden Knorpelschaden mit frei liegendem Knochen können sogenannte Induktionstechniken angewendet werden. Hierbei wird der Knochen an einigen Stellen eröffnet, sodass sich Knochenmarkszellen im Knorpeldefekt einlagern können. So entsteht über einen längeren Zeitraum ein faseriger Ersatzknorpel (Faserknorpel). Eine Beschwerdelinderung kann oft erst nach einigen Monaten erreicht werden.

Mögliche Techniken sind hierbei die flächige Eröffnung des Knochens (Abrasionsarthroplastik), das punktförmige Anbohren des Knochens (Pridie-Bohrung) und das punktförmige Anmeißeln des Knochens (Microfraktur-Technik). Wir bevorzugen aus verschiedenen Gründen die Microfraktur-Technik.

Die Microfraktur-Technik kommt eher bei kleineren Defekten bis 3 cm² und bei Patienten bis circa 50 Jahre zur Anwendung und kann hier erstaunlich gute Erfolge erzielen. Nach der Microfrakturierung ist meist eine Teilbelastung an Krücken für sechs Wochen notwendig, um die Ersatzknorpelbildung nicht zu behindern. Eine Variation stellt die AMIC-Methode (Autologe Matrix Induzierte Chondrogenese) dar, die die Microfrakturierung und eine Matrix kombiniert. Hierdurch können Defektzonen bis 6 cm² versorgt werden.

Knorpel-Knochen-Transplantation

Bei tiefer reichenden Defekten oder größeren Knorpeldefekten können wir Knorpel aus weniger belasteten Bereichen des Kniegelenks als sogenannte Knorpel-Knochen-Transplantation (Osteochondrale Transplantation (OCT)) versetzen. Hierzu entnehmen wir kleinere Knorpelzylinder und setzen sie in zuvor gefräste Bohrkanäle des Defektes ein.

Bei kleineren Defekten können wir diese Technik sehr gut arthroskopisch anwenden. Bei größeren Defekten ist jedoch oft eine kleine Eröffnung des Kniegelenkes, eine sogenannte Mini-Arthrotomie, notwendig, um die Knorpeloberfläche präziser zu rekonstruieren. Nach einer osteochondralen Transplantation sollte das Kniegelenk unter Teilbelastung an Krücken für circa sechs Wochen geschont werden.

Eine Besonderheit bei sehr großen oder tief reichenden Defekten ist die Anwendung der sogenannten Mega-OCT-Technik. Hierbei werden große Knorpelzylinder frisch, also innerhalb weniger Tage, vom Organspender transplantiert. Diese Technik ist besonderen Einzelfällen vorbehalten.

Knorpelzell-Transplantation

Seit mehr als 15 Jahren wird die Transplantation eigener Knorpelzellen (Autologe Chondrozyten-Transplantation (ACT)) erfolgreich zur Rekonstruktion des Knorpels, vor allem bei traumatischen Defekten oder bei Osteochondrosis Dissecans (OD), eingesetzt. Besonders bei Defekten über 4 cm² ist dieses Verfahren den bereits beschriebenen überlegen. Jedoch muss auch bei der ACT ein lokalisierter Knorpelschaden vorliegen. Besonders geeignet ist die ACT für die Behandlung von Patienten zwischen 18 und 50 Jahren. Bei der flächigen Abnutzung des Gelenkknorpels, der Arthrose, stellt sie jedoch keine Option dar.

Für die Transplantation entnehmen wir dem Patienten während einer Kniegelenksspiegelung (Arthroskopie) aus einem nicht belasteten Kniegelenksanteil eine kleine Menge Knorpel. Anschließend werden die Knorpelzellen im Reinraum eines zertifizierten Labors aus der Knorpelsubstanz herausgelöst und vermehrt. Nachdem die notwendige Zellzahl erreicht ist, werden die Knorpelzellen in der klassischen Technik (ACT) in einer hoch konzentrierten Zellsuspension und in der weiterentwickelten Technik in einer speziellen dreidimensionalen kollagenen Schwammstruktur (Matrix-gestützte Chondrozytentransplantation (MACT)) zum Operateur zurückgeschickt. Zuvor erfolgt eine Kontrolle der Vitalität, Sterilität und der Fähigkeit der Knorpelzellen, hyalinen Knorpel zu bilden. Dabei kommen modernste Analyseverfahren zum Einsatz.

Drei Wochen nach der Entnahmearthroskopie werden dem Patienten die Knorpelzellen transplantiert. In der klassischen Technik wird am Schienbeinkopf ein Stück Knochenhaut entnommen, über den Knorpeldefekt genäht und die Zellsuspension darunter gespritzt. In anderen Anwendungsverfahren wählt man anstelle der Knochenhaut eine kollagene Beschichtung.

Bei der MACT benötigt man für die Transplantation nur eine minimal-invasive, gewebeschonende Operation. Nach einem kleinen, circa 5 cm langen Hautschnitt wird der Defektbereich von geschädigtem Knorpel befreit. Das Transplantat wird entsprechend der Defektform passgenau zugeschnitten und in den Defekt hineingelegt. Die Matrix wird mit sich auflösendem Nahtmaterial, abbaubaren Pins oder Fibrinkleber fixiert.

Durch eine langfristige Teilbelastung von bis zu 10 Wochen und unter Verwendung eines „continuous passive motion“ (CPM) für die geführte passive Bewegung des operierten Gelenkes bilden die Knorpelzellen den Gelenkknorpel nach. Eine Reifung des entsprechenden Knorpelgewebes findet über mehrere Jahre statt. Zusammengefasst steht in der modernen Knorpeltherapie eine Vielzahl von Therapieoptionen bereit, die, an die jeweilige Knorpelschädigung und den Anspruch des Patienten angepasst, eine Regeneration des Knorpelschadens und damit eine langfristige Wiederherstellung der Knorpelfunktion ermöglichen. Entscheidend ist hierbei eine möglichst frühzeitige Therapie beim Vorliegen von lokalisierten Knorpelschäden, um die flächige Degeneration, die Arthrose, zu vermeiden. Ist der Gelenkverschleiß schon eingetreten, stellen Achskorrekturen und die Endoprothetik Therapieoptionen dar.