Frühzeitige Diagnose und Behandlung bei Schlaganfall

Einer der Schwerpunkte der Klinik für Neurologie ist die frühzeitige Diagnose und Behandlung von Schlaganfallpatienten. Mit dem Leitenden Oberarzt Dr. med. Martin Morgenthaler kümmert sich das Team unserer zertifizierten überregionalen Stroke Unit (Schlaganfall-Station) um diese Patienten.

Was ist ein Schlaganfall?

Jeder Schlaganfall ist ein Notfall und sollte so schnell wie möglich in einer für die entsprechende Diagnostik und Therapie ausgerichteten Klinik behandelt werden. Unsere Klinik für Neurologie verfügt über eine zertifizierte Schlaganfall-Spezialstation (Stroke Unit) mit einer hochmodernen Ausstattung zur Versorgung von akuten Schlaganfallpatienten.

Ein Schlaganfall ist Folge einer Durchblutungsstörung des Gehirns. Diese kann verursacht sein durch:

  1. eine Mangeldurchblutung (Ischämie), weil ein das Gehirngewebe versorgendes Blutgefäß verschlossen ist
  2. eine Blutung durch den plötzlichen Riss eines Blutgefäßes
  3. eine Blutung aus einer Gefäßaussackung, einem Aneurysma

Durch diese Vorgänge erhalten die Nervenzellen im Gehirn zu wenig Sauerstoff und Nährstoffe, sodass sie zugrunde gehen. Wenn es zu einer örtlichen Mangeldurchblutung im Gehirn gekommen ist, so spricht man von einem Hirninfarkt. Die Mangeldurchblutung ist mit 80 Prozent die häufigste Ursache eines Schlaganfalls. In 20 Prozent der Fälle kommt es durch den plötzlichen Riss eines Blutgefäßes zu einer Blutung ins Hirngewebe (intrazerebrale Blutung –15 Prozent) oder in die Hirnflüssigkeitsräume (Subarachnoidalblutung – 5 Prozent).

Symptome eines Schlaganfalls

Durch einen Schlaganfall entstehen neurologische Ausfälle, die folgendermaßen aussehen können:

  • plötzliche Schwäche oder Gefühlsstörung einer Körperseite
  • plötzlicher Verlust der Sprache oder Schwierigkeiten, Gesprochenes zu verstehen
  • plötzliche Sehstörung, insbesondere auf einem Auge
  • plötzlich auftretende, ungewöhnlich heftige Kopfschmerzen
  • vorübergehende Doppelbilder
  • plötzlich einsetzender Schwindel
  • plötzlich einsetzende Gangunsicherheit

Risikofaktoren für einen Schlaganfall

Risikofaktoren für einen Schlaganfall sind

  • hohes Lebensalter
  • hoher Blutdruck
  • Zuckerkrankheit
  • erhöhte Blutfette
  • Nikotingenuss
  • Übergewicht und Bewegungsmangel
  • Herzerkrankungen

Die meisten Risikofaktoren begünstigen die Arteriosklerose – die Verkalkung der Blutgefäße, die ihrerseits oft die Ursache für den Schlaganfall ist. Die Arteriosklerose fördert aber auch Herzerkrankungen, die durch häufig begleitende Rhythmusstörungen ebenso ein Risikofaktor sind. Etwa 75 Prozent der Schlaganfälle treffen Menschen nach dem 65. Lebensjahr; bei über 75-Jährigen ist die Rate dreimal so hoch wie bei den 65- bis 75-Jährigen.

Was ist eine Schlaganfall-Station (Stroke Unit)?

Die Schlaganfall-Station ist eine spezielle Einrichtung einer Klinik mit der Möglichkeit einer besonders intensiven Betreuung von Patienten mit einem akuten Schlaganfall, die auf einer Normal-Station nicht gewährleistet werden kann. In der Akutphase des Schlaganfalls ist der Krankheitsverlauf meistens noch instabil, so dass eine besonders intensive Überwachung und Versorgung des Patienten erforderlich ist. Angestrebt wird die möglichst rasche Verbesserung bzw. die Vermeidung einer Zunahme der Symptome, die in der ersten Krankheitsphase noch möglich ist.

Auf der Schlaganfall-Station arbeitet ein Team aus besonders geschulten Ärzten und Pflegepersonal zusammen mit Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Logopäden (Sprachtherapeuten) und Sozialarbeitern. In der Klinik für Neurologie des Westpfalz-Klinikums gibt es seit dem Jahr 2000 eine Schlaganfall-Station (Stroke Unit), auf der Schlaganfall-Patienten rasch diagnostiziert und optimal behandelt werden können. Die Schlaganfall-Station (Stroke Unit) hat im Wesentlichen folgende Aufgaben:

  • die unmittelbare Diagnostik des Schlaganfalls als Voraussetzung für eine gezielte Therapie
  • die kontinuierliche Überwachung von Blutdruck, Herzaktion, Sauerstoffgehalt im Blut, Blutzucker und Temperatur einschließlich des Blutflusses der zum Hirn führenden Blutgefäße durch spezielle Geräte (Monitore/Ultraschall)
  • darüber hinaus kann rasch eine gezielte medikamentöse Therapie einschließlich der Überwachung ihrer Nebenwirkungen erfolgen
  • weiterhin wird frühzeitig mit der Rehabilitation begonnen durch das Pflegeteam, die Physiotherapeuten (Krankengymnasten), Ergotherapeuten (Beschäftigungstherapeuten) und Logopäden (Sprachtherapeuten)

Besonders wichtig ist die kollegiale Zusammenarbeit mit anderen Fachabteilungen: Neuroradiologen sind darauf spezialisiert in besonderen Fällen verschlossene Hirngefäße mit kleinen Kathetern zu eröffnen und geplatzte Aneurysmen (Gefäßwandaussackungen) zu verschließen. Durch den Kardiologen erfolgt bei Bedarf eine intensive Untersuchung des Herzens. Engstellen der Halsgefäße können durch Gefäßchirurgen oder Neuroradiologen beseitigt werden. Gegebenenfalls muss schon auf der Schlaganfall-Station ein neurochirurgischer, neuroradiologisch-interventioneller oder gefäßchirurgischer Eingriff geplant werden.

Welche Untersuchungen erfolgen bei der Aufnahme?

Zunächst wird jeder Patient genau befragt, wie es zu dem Schlaganfall gekommen ist und welche Vorerkrankungen bestehen. Anschließend erfolgt eine ausführliche neurologische und internistische Untersuchung. Es wird umgehend eine Computertomografie oder eine Kernspintomografie des Kopfes (das sind Schichtaufnahmen des Kopfes) inkl. Gefäßdarstellung durchgeführt.

Ziel ist es, zwischen einem Hirninfarkt und einer Hirnblutung zu unterscheiden, da davon die weitere Diagnostik und Behandlung abhängig ist. Handelt es sich um einen Hirninfarkt, wird umgehend entschieden, ob die Wiedereröffnung eines verschlossenen Gefäßes mit einer Infusion (Thrombolyse) oder einen Katheter durch die Neuroradiologen möglich ist. Mittels Ultraschall werden die Gefäße des Halses und des Gehirns zusätzlich untersucht. Bei der Aufnahme auf der Schlaganfallstation wird zunächst jeder Patient an einen Monitor angeschlossen, so dass man engmaschig den Blutdruck, die Herzaktion und den Sauerstoffgehalt im Blut überwachen und kontrollieren kann.

Sobald wie möglich werden dann ausführliche Laboruntersuchungen vorgenommen, und es wird mit der Diagnostik des Herzens begonnen. Dabei gibt es zwei Verfahren: Das Herz kann zum einen mit Ultraschall von außen untersucht werden (transthorakale Echokardiografie). Aber in vielen Fällen ist eine Herzuntersuchung von der Speiseröhre ausgehend notwendig, um kleine Blutgerinnsel und Klappenveränderungen genau erkennen zu können. Diese Untersuchung erfordert, dass ein Schlauch geschluckt wird (transösophageale Echokardiografie, sogenannte Schluck-Echokardiografie), vergleichbar mit einer Magenspiegelung. Sie wird von den kardiologischen Kollegen unseres Hauses durchgeführt.

Innerhalb der nächsten Tage ist möglicherweise eine weitere spezielle Untersuchung des Kopfes mit Hilfe der Kernspintomografie oder aber auch eine Gefäßdarstellung im Rahmen einer Katheteruntersuchung (Angiografie) notwendig. Gegebenenfalls werden weitere kardiologische Untersuchungen, zum Beispiel ein Langzeit-EKG oder ein Herzbelastungstest, durchgeführt. Erst wenn alle diese Untersuchungen vorliegen, kann über die weitere, langfristige Therapie zur Verhinderung weiterer Schlaganfälle entschieden werden.

Therapie auf der Schlaganfall-Station

Die Therapie auf der Schlaganfall-Station wird unterteilt in Akuttherapie, Sekundärprophylaxe (Schlaganfall-Vorbeugung) und Therapie der Risikofaktoren.

Bei einem akuten Schlaganfall geht man davon aus, dass sich um das geschädigte Gewebe herum eine Zone mit funktionsgestörtem, aber möglicherweise noch zu rettendem Hirngewebe bildet (sog. Penumbra). In diesem Bereich hat zwar auch vorübergehend eine Durchblutungsstörung stattgefunden, jedoch ist das Gewebe potentiell noch zu retten. Zur Erhaltung dieses Gewebes sind ein ausreichend hoher Blutdruck, eine genügende Sauerstoffzufuhr, ein normaler Blutzucker und eine normale Körpertemperatur notwendig. Deshalb wird insbesondere in den ersten zwei bis drei Tagen ganz besonders darauf geachtet.

Zur Akuttherapie gehört die sogenannte Lysetherapie, bei der ein Medikament verabreicht wird, das durch Blutgerinnsel verursachte Gefäßverschlüsse auflöst. Diese Therapieform ist allerdings nur innerhalb der ersten 4,5 Stunden nach Beginn der Symptomatik zugelassen. In bestimmten Einzelfällen kann, insbesondere dann, wenn in der Bildgebung (CT oder MRT) noch rettbares Hirngewebe nachgewiesen werden kann, auch noch über diesen Zeitraum hinaus eine Lysetherapie als sogenannter „Heilversuch“ durchgeführt werden. Andere gerinnungshemmende Medikamente werden häufiger gegeben, um eine Verschlechterung oder einen erneuten Schlaganfall zu vermeiden.

Unter der Schlaganfall-Vorbeugung (Sekundärprophylaxe) versteht man die längerfristige Behandlung, die nach einem Schlaganfall eingeleitet wird und einen weiteren Hirninfarkt verhindern soll. Es gibt im Wesentlichen zwei Medikamente (ASS und Clopidogrel), die verhindern sollen, dass Blutplättchen verklumpen und zu Gefäßverschlüssen führen. Andere blutverdünnende Therapien sind beispielsweise Marcumar, Warfarin oder weitere neue orale Antikoagulantien, die Blut ähnlich wie bei einem Bluter gerinnungsunfähig machen. Wenn eine hochgradige Einengung einer Halsschlagader nachgewiesen worden ist, so ist in bestimmten Situationen eine Operation dieser Einengung oder eine Aufdehnung durch einen Katheter notwendig und sinnvoll. Beide Möglichkeiten der Versorgung von Schlagadereinengungen sind im Westpfalz-Klinikum möglich und werden mit großer Erfahrung durchgeführt.

Bereits in der Akutphase ist es wichtig, die beeinflussbaren Risikofaktoren gut zu behandeln. Beispielsweise ist eine gute Blutdruckeinstellung oder eine Blutzuckereinstellung erforderlich und möglicherweise eine spezielle, fettarme Diät, die gegebenenfalls medikamentös unterstützt wird. Zur Behandlung auf der Schlaganfall-Station gehört auch eine umfangreiche Aufklärung über den Schlaganfall, die von der Vorsorge bis zur Nachsorge reicht. Weitere Informationen sind bei den Ärzten und dem Pflegepersonal der Stroke Unit erhältlich.

Was kommt nach der Schlaganfall-Station?

Üblicherweise wird der Patient mehrere Tage auf der Schlaganfall-Station überwacht und anschließend bereits entlassen oder auf eine Allgemein-Station verlegt. Dort wird dann die noch fehlende Diagnostik komplettiert und die Weiterleitung in eine Rehabilitationsklinik oder die Entlassung organisiert. Manchmal ist auch eine Verlegung nach Hause mit Unterstützung durch einen Pflegedienst oder eine Verlegung in ein Pflegeheim notwendig. In solchen Fällen werden wir durch unseren Sozialdienst und die Pflegeüberleitung unterstützt. Sind die Patienten besonders schwer betroffen, aber dennoch rehafähig, können sie unter Umständen in unsere Klinik für neurologische und neurochirurgische Frührehabilitation am Standort Kusel verlegt werden.

Abkürzungen der Untersuchungen

EEG = Elektroenzephalogramm (Hirnstromkurve)
MRT = Magnetresonanztomografie (Schichtaufnahme des Kopfes mit Magnetfeldern)
CCT = Cerebrale Computertomografie (Röntgenschichtaufnahmen des Kopfes)
EKG = Elektrokardiogramm (Aufzeichnung der elektrischen Aktionspotentiale des Herzens)
TTE = transthorakale Echokardiografie (Ultraschalluntersuchung durch den Brustkorb)
TEE = transösophageale Echokardiografie (Ultraschalluntersuchung von der Speiseröhre ausgehend)
Doppler/Duplex = Ultraschalluntersuchung der Hirngefäße

(Text basierend auf dem Basistext der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft für einen Stroke Unit-Flyer)